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Neuer FTX-Chef John J. Ray beklagt Chaos bei insolventer Kryptobörse FTX und Totalversagen von Sam Bankman-Fried

Der zum neuen FTX-Chef bestellte Restrukturierungsexperte John J. Ray III  hat eine desaströse Bilanz gezogen und ein unvorstellbares Chaos bei der insolventen Kryptobörse beklagt. “Noch nie in meiner beruflichen Laufbahn habe ich ein derartiges Versagen der Unternehmenskontrolle und ein derartiges Fehlen vertrauenswürdiger Finanzinformationen erlebt wie in diesem Fall”, erklärte Ray in einer Eingabe an das US-Insolvenzgericht in Delaware. Diese Worte kommen von dem Mann, der schon viele schlecht geführte Unternehmen gesehen hat und auch einst bei Enron aufgeräumt. Zur Erinnerung: Im Jahr 2001 verursachte der US-Energiekonzern Enron aufgrund fortgesetzter Bilanzfälschungen einen der größten Unternehmensskandale, die die US-Wirtschaft bislang erlebt hat.

John J. Ray III hatte den CEO-Posten von FTX-Mitbegründer Sam Bankman-Fried am 11. November 2022 übernommen. Knapp eine Woche später hat der Restrukturierungsexperte noch immer keine genaue Vorstellung darüber, wie groß eigentlich das Unternehmen ist. “Bankman-Fried behauptete, dass Ende 2021 rund 15 Milliarden US-Dollar an Vermögenswerten auf der Plattform waren, die ihm zufolge zu diesem Zeitpunkt etwa 10 % des weltweiten Volumens im Kryptohandel abwickelte. Bankman-Fried behauptete auch, dass FTX.com im Juli 2022 ‘Millionen’ registrierte Nutzer hatte. Diese Zahlen sind von meinem Team nicht überprüft worden.”

Auch über die Dimensionen des Unternehmensgeflechtes der FTX-Gruppe herrscht Unklarheit: Viele der Unternehmen der FTX-Gruppe, insbesondere die in Antigua und auf den Bahamas ansässigen, verfügten nach Rays Angaben nicht über eine angemessene Unternehmensführung. “Soweit ich weiß, haben viele Unternehmen zum Beispiel nie Vorstandssitzungen abgehalten.”

Ray geht davon aus, dass sein Vorgänger “SBF” selbst gar nicht genau wusste, über welche finanziellen Mittel der Krypto-Konzern verfügte, weil noch nicht einmal klar war, bei welchen Banken FTX ein Konto unterhielt: “Die FTX-Gruppe hatte keine zentrale Kontrolle über ihre Barmittel. Zu den Verfahrensmängeln bei der Verwaltung der Barmittel gehörten das Fehlen einer genauen Liste der Bankkonten und der Zeichnungsberechtigten sowie die unzureichende Beachtung der Kreditwürdigkeit von Bankpartnern in aller Welt.”

Auch im Personalbereich stieß Ray auf ein absolutes Chaos: “Der Ansatz der FTX-Gruppe in Bezug auf das Personalwesen umfasste Mitarbeiter verschiedener Unternehmen und externe Auftragnehmer, wobei die Aufzeichnungen und Verantwortungsbereiche unklar waren. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt waren die Schuldner nicht in der Lage, eine vollständige Liste der Personen zu erstellen, die zum Zeitpunkt des Antrags für die FTX-Gruppe tätig waren, oder die Bedingungen ihrer Beschäftigung zu bestimmen. Wiederholte Versuche, bestimmte mutmaßliche Mitarbeiter ausfindig zu machen, um ihren Status zu bestätigen, waren bisher erfolglos.”

Auch eine ordentliche Buchführung oder einen sicheren Speicher für sensible Informationen hat Ray nicht entdecken können. “Zu den inakzeptablen Managementpraktiken gehörten die Verwendung eines ungesicherten Gruppen-E-Mail-Kontos als Root-User für den Zugang zu vertraulichen privaten Schlüsseln und äußerst sensiblen Daten für die Unternehmen der FTX-Gruppe auf der ganzen Welt.” Ray beklagt weiterhin, ein täglicher Abgleich der Positionen auf der Blockchain gefehlt habe. Außerdem wirft der Sam Bankman-Fried vor, eine manipulierte Software zur Verschleierung des Missbrauchs von Kundengeldern verwendet zu haben. Außerdem prangert er Mauscheleien zwischen FTX und der Firma Alameda Research an. Daher sei es bislang auch nur gelungen, einen Bruchteil des vermuteten Digitalvermögens aufzufinden und sicherzustellen.

Die Arbeit des Restrukturierungsexperten ist auch deshalb so schwer, weil es kaum Aufzeichnungen über die Entscheidungen von Sam Bankman-Fried und der restlichen Führungsriege bei FTX gibt. Ray: “Bankman-Fried kommunizierte oft über Anwendungen, die so eingestellt waren, dass sie sich nach kurzer Zeit automatisch löschten, und er ermutigte seine Mitarbeiter, dasselbe zu tun.”

Genervt ist Ray auch vom aktuellen Verhalten des FTX-Mitbegründers, der sich in einem Interview mit Vox um Kopf und Kragen redete.

Bankman-Fried gebe von seinem Aufenthaltsort auf den Bahamas aus er weiterhin unberechenbare und irreführende öffentliche Erklärungen ab. Ray betonte, dass Bankman-Fried nicht mehr zum Unternehmen gehöre und auch nicht dafür spreche.

In dem Interview via Twitter-Direktnachrichten mit einer Journalistin des Online-Magazins Vox.com sagte Bankman-Fried, dass diejenigen, die für das Konkursverfahren von FTX verantwortlich sind, “aus Scham versuchen, alles niederzubrennen”.

Sein größter Fehler sei “Chapter 11” gewesen, also die Anmeldung des Insolvenzverfahrens nach Kapitel 11. “Wenn ich das nicht getan hätte, würden in einem Monat die Abhebungen eröffnet werden und die Kunden wären vollständig entschädigt.” Die Aufsichtsbehörden würden alles noch schlimmer machen, fügte er hinzu. “Sie schützen die Kunden überhaupt nicht”, sagte er.

Nachdem Vox das Interview veröffentlicht hatte, sagte Bankman-Fried, dass einige seiner Äußerungen “unbedacht oder übermäßig heftig” gewesen seien und dass er über etwas Dampf abgelassen habe, das nicht für die Öffentlichkeit bestimmt gewesen sei.

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