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Was ist Worldcoin und wie funktioniert die World ID?

Worldcoin befindet sich schon seit ein paar Jahren in einer Art Testphase und wurde am 24. Juli 2023 offiziell vorgestellt. Es ist vermutlich derzeit das merkwürdigste Projekt, das derzeit in der Tech-Welt für Schlagzeilen sorgt. Die Aufmerksamkeit ist vor allem darauf zurückzuführen, dass Worldcoin von OpenAI-CEO Sam Altman, dem CEO von OpenAI, mitbegründet wurde. An der Seite von Altman in der Worldcoin-Firma Tools for Humanity steht der deutsche Informatiker Alexander Blania. Firmenmitbegründer Max Novendstern hat das Projekt im August 2022 bereits verlassen.

Sam Altman (r.) und Alexander Blania (l.)

Alexander Blania (links) und Sam Altman – Bild: Worldcoin Handout

Glaubt man den Aussagen von Alexander Blania und Sam Altman, geht es bei Worldcoin nicht nur um ein herkömmliches Kryptoprojekt, sondern um große gesellschaftliche Entwicklungen. Altman behauptet immer wieder, dass Künstliche Intelligenz künftig nicht nur Texte, Bilder, Videos, Programmcode oder andere Inhalte erzeugen kann (generative KI), sondern in nicht allzu langer Zeit eine Artificial General Intelligence (AGI) erreicht wird.

AGI beschreibt eine Künstliche Intelligenz, die in der Lage ist, komplexe Aufgaben, die sonst nur der Mensch erledigen kann, auszuführen und Probleme zu lösen, für die es bislang keine vorgefertigte Lösung gibt. AGI würde dann auch große Teile der wirtschaftlichen Wertschöpfung übernehmen. Dabei würden viele der heutigen Arbeitsplätze wegfallen. Der Reichtum der Welt würde sich mehr und mehr in den Händen von KI-Unternehmen konzentrieren. Um diesen Effekt auszugleichen, befürwortet Altmann das Konzept eines universellen Grundeinkommens. Alle Menschen auf der Erde sollen ein regelmäßiges Einkommen erhalten, das aus dem Reichtum der KI stammt – im Grunde Geld ohne Bedingungen.

In einem Interview mit dem Handelsblattt” schränkt Altman ein, an diesem Punkt sei man noch nicht angelangt. “Aber wir leben in einer Welt, in der Künstliche Intelligenz sehr mächtig wird. Der Wohlstand in der Welt wächst rasant. Es wird völlig neue Möglichkeiten geben, was wir machen und erleben können. Ich denke, das wird zu einem besseren Lebensstandard für uns alle führen. In solch einer Welt ist ein bedingungsloses Grundeinkommen eine großartige Idee, die wir ausprobieren sollten. Wenn Künstliche Intelligenz ermöglicht, dass wir im Überfluss leben können, dann sollte dieser Wohlstand uns allen gehören. Wenn wir es schaffen, diesen Reichtum zu verteilen, dann können wir alle teilhaben lassen.”

Um ein bedingungsloses Grundeinkommen (BGE) zu verteilen, braucht man nach den Vorstellungen von Altman allerdings etwas, das beweist, dass jemand ein Mensch ist. Sonst bestünde die Gefahr, dass die Menschen versuchten, das System mit Hilfe von Bots zu manipulieren. Sie würden versuchen, viele falschen Persönlichkeiten zu erschaffen, um viele Schecks eines bedingungsloses Grundeinkommens zu bekommen.

Sam Altman vertritt deshalb den Ansatz, dass man, um das BGE zu ermöglichen, einen verifizierten Weg braucht, um zu sagen, dass die Person, die diese BGE-Zahlung beansprucht, ein Mensch ist und nicht Teil eines Botnetzes. Und Worldcoin werde das ermöglichen. Worldcoin ist also auch ein ein biometrisches Kryptowährungsprojekt zum Nachweis der Identität einer Person.

Im Podcast Bankless erläutert Worldcoin-CEO Alexander Blania, warum er nicht auf einen gängigen KYC-Prozess (“Know Your Customer”), wie er beispielsweise in Deutschland zur Eröffnung eines Bankkontos oder beim Abschließen eines Mobilfunk-Vertrages verwendet wird. Weltweit verfügten über die Hälfte der Menschen gar nicht über von Staat ausgestellte Papiere wie einen Personalausweis, Führerschein oder Reisepass. “KYC funktioniert in Europa oder den USA, skaliert aber nicht weltweit.” Daher habe man sich für ein biometrisches Verfahren entschieden.

Alex Blania und Sam Altmman im Podcast Bankless

Wie funktioniert Worldcoin?

Um sich im Worldcoin-Universum als Mensch ausweisen zu können, muss man zunächst auf dem Smartphone die “World App” installieren. Für iOS (iPhone) gibt es sie hier im App Store. Für Android-Smartphones steht die “World App” hier im Play Store zur Verfügung. Es empfiehlt sich, die App nur aus diesen offiziellen Quellen zu installieren, da bereits Scammer aktiv sind, die mit gefälschten Apps und Worldcoin-Websites die Anwenderinnen und Anwender zu betrügen und deren Wallets leerzuräumen. Wer auf Nummer sicher gehen will, nutzt diesen QR-Code, um garantiert bei der richtigen App zu landen.

Um sich als menschliches Lebewesen zu verifizieren, muss man nach der Installation der App seine Iris scannen lassen. Das geschieht mit einem “Orb”, die optisch einer Bowlingkugel ähnelt. Der “Orb” sieht aber auch irgendwie wie ein Designobjekt aus, als wäre es von der Apple-Legende Jony Ive gestaltet worden. Der “Orb” erinnert auch an die Kristallkugel aus dem Science-Fiction-Klassiker HAL 9000. Das glänzende Äußere umschließt die Kugel, mit Ausnahme eines klaffenden schwarzen Kreises auf der Vorderseite, in dem drei Sensoren in einem Dreieck angeordnet sind.

Das in Erlangen entwickelte technische Wunderwerk dient einem einfachen Zweck: Die Kugel scannt die Iris des Anwenders oder Anwenderin und wandelt das biometrische Bild in eine undurchdringliche Zahlenfolge um, die Worldcoin als “IrisCode” bezeichnet. In Kombination mit einem Algorithmus verifiziert der Code, dass man ein menschliches Lebewesen ist.

Gibt es dennoch das Risiko einer Manipulation?

Potentielle User werden sich fragen, wie sicher das System ist. Könnte man einen Orb beispielsweise mit Kontaktlinsen in die Irre führen und sich damit mehrfach anzumelden, um die ausgeschütteten Wordcoins nicht nur einmal zu kassieren? Nach einem Bericht des US-Magazins Forbes hatte der Orb zumindest in der Anlaufphase im Jahr 2021 Probleme, die Iris von Asiatinnen und Asiaten zu erfassen. Später habe der Orb auch mit anderen Problemen zu kämpfen gehabt. Ende 2022 habe Worldcoin eine Sicherheitslücke entdeckt, mit der man das Gerät dazu habe bringen können, mehrere Anmeldungen für dieselbe Person zu erstellen. Der Trick bestand laut Forbes darin, zu warten, bis der Iris-Scan fast abgeschlossen war, und dann eine andere Person vor die Kugel zu setzen, während der Scan abgeschlossen wurde. Diese Praxis sei in Kenia eine Zeit lang häufig angewandt worden. Ein Beschäftigte habe behauptet, ein Kollege habe auf diese Weise rund 100 Anmeldungen für sich selbst erstellt. Diese Lücke wurde nach Angaben des Worldcoin-Unternehmens TFH einige Zeit später geschlossen. Seitdem sind auch keine weiteren Berichte über potentielle Schwachstellen mehr veröffentlicht worden.

Wo findet man einen Worldcoin-Orb?

Wo ein Orb zu finden ist, kann man in der App sehen. Mitte Dezember 2023 standen Orb-Kugeln im Elektronikmarkt Saturn im Berliner Einkaufszentrum Alexa sowie am Kölner Hansaring, im Milaneo in Stuttgart sowie im Josephs Nürnberg.

Die Nutzung eines Iris-Scans zur Verifizierung als Mensch wirft eine wichtige Frage auf: Warum benötigt man für die WorldID ein so sensitives biometrisches Merkmal?
Die Worldcoin-Macher stellen dazu in einem Blogeintrag die rhetorische Frage, ob biometrische Daten per se schlecht seien. Die Antwort lautet: “Das hängt sehr stark vom Anwendungsfall ab. Biometrische Daten sind der genaueste Weg, um zu beweisen, dass jemand ein einzigartiges, lebendes, atmendes menschliches Wesen ist. Aber sie können sich verständlicherweise auch beunruhigend und aufdringlich anfühlen.”

Die Worldcoin-Verantwortlichen räumen ein, dass es Systeme gebe, die biometrische Daten missbrauchen, um die persönliche Freiheit einzuschränken,. “Wir lehnen solche Systeme entschieden ab. Wenn sie jedoch auf verantwortungsvolle und datenschutzfreundliche Weise erworben und genutzt werden, können biometrische Daten ein mächtiges und integratives Instrument sein – eines, das es dem Einzelnen ermöglicht, seine Identität selbst in die Hand zu nehmen, und das die Sicherheit unserer Güter und Institutionen gewährleistet.”

Darstellung deines geöffneten Orbs von Worldcoin

Ziel von Worldcoin sei es, einen neuen digitalen Token kostenlos an alle Menschen auf der Welt zu verteilen, um ihnen den Zugang und die Teilnahme an der globalen Wirtschaft zu ermöglichen. “Erst nachdem wir zu dem Schluss gekommen waren, dass die Biometrie die einzige realistische Möglichkeit ist, unser Ziel zu erreichen, machten wir uns daran, den Orb zu entwickeln.”

Die vom Orb gesammelten Bilder würden umgehend gelöscht, es sei denn, die Person, die sich anmeldet, verlange ausdrücklich etwas anderes. Und es würden keine weiteren Daten (Name, Adresse, E-Mail, etc.) benötigt. “Die einzigen persönlichen Daten, die den Orb verlassen, sind standardmäßig eine Nachricht mit dem Iris-Code zur Überprüfung der Einzigartigkeit.” Worldcoin verkaufe keine persönlichen Daten, einschließlich biometrischer Daten, und werde dies auch nie tun. Alle Daten würden sicher verschlüsselt. Privacy-Aktivisten wie der US-Whistleblower Edward Snowden überzeugt diese Argumentation allerdings nicht. Er warnte auf Twitter davor, seine Iris scannen zu lassen:

Wenn man sich an einem Worldcoin-Stand wie im Berliner Alexa die Augen scannen lässt, wird nicht nach einem Personalausweis, Führerschein oder Reisepass gefragt. In dem Verifikationsnachweis in der World-App steht nur “Anonymous – Proof of Personhood” sowie das Datum, an dem man die Überprüfung vorgenommen hat.

Konkret zum Einsatz kommen soll die World ID bei sozialen Netzwerken wie Redit und Telegram, Gaming-Plattformen wie Minecraft und Online-Handelshäusern Shopify aus Kanada sowie Mercado Libre, einem Handels-Marktführer aus Argentinien. Außerdem unterstützen bereit seit längerer Zeit die gaming-Plattform Discord und der Authentifizierungsdienst auth0 das Protokoll der World ID eingebettet.

Aktuell verfügen nach Angaben von TFH rund fünf Millionen Menschen weltweit über eine World ID. Mehr als die Hälfte der Anwender habe sich auch den Augapfel scannen lassen, um die World ID voll nutzen zu können. Obwohl TFH keine weiteren persönlichen Daten wie Name, Geburtstag, Adresse oder Bankverbindung sammelt, war das Konzept in der Politik und bei Behörden auf großes Misstrauen gestoßen. Das Bayerische Landesamt für Datenschutzaufsicht und die Bankenaufsicht Bafin kündigten Untersuchungen an. Ergebnisse liegen noch nicht vor.

Die neuen Version 2.0 der World ID biete nun vier abgestufte Verifizierungsstufen, um Entwicklern die Wahl zu lassen, wie streng die Anforderungen sein sollen, um sich als Mensch auszuweisen, erklärte World-ID-betrieber Tools for Humanity am 13.12.2023. Die Variante World ID Pro verlangt zusätzlich einen Gesichtsscan, ähnlich wie bei den Entsperrmethoden bei modernen Smartphones. Die strengste Variante World ID Max erfordert einen nochmaligen Iris-Scan.

Das erste Ziel des Projektes ist es, möglichst viele Menschen zu verifizieren. Der andere Teil des Projekts ist ein kryptografischer Teil.

Denn mit der World-App hat man nicht nur die World ID auf dem Smartphone, sondern eine Krypto-Wallet. Mit dem Download-Zahlen der World-App landet Worldcoin beziehungsweise die Betreiberfirma TFH auf Platz 6 weltweit im Ranking der “most popular hot wallet” erklärt TFH und beruft sich dabei auf CoinGecko.

Screenshot der World-App - Bereich Wallet

In dieser digitalen Brieftasche landen auch die Worldcoin-eigene Kryptowährung, die Wolrdcoin (WLD) genannt wird. Jeder, der sich bei einem Orb als menschliches Wesen verifiziert hat, kann kostenlose WLD-Token in seiner World-App einfordern, solange er sich an einem Ort befindet, an dem WLD-Token verfügbar sind. Die Nutzungsbedingungen von Worldcoin besagen jedoch, dass Amerikaner die Token nicht nutzen, kaufen oder nutzen können. Das gilt für US-Bürgerinnen und -Bürger, Einwohnerinnen und Einwohner, Personen in den USA oder Unternehmen mit Sitz oder Registrierung in den USA.

Dennoch hat Worldcoin einige US-Städte wie Miami, San Francisco und New York City in seine “Orb-Tour” einbezogen, die dazu dienen soll, “über das Protokoll aufzuklären, Fragen zu beantworten und Anmeldungen für World ID mit dem Orb zu erleichtern”. Aber jeder, der in den USA einen Orb-Scan durchführt, wird keine Token erhalten, sagte ein Worldcoin-Vertreter am 24. Juli 2023 in einem Pop-up-Lokal in New York City gegenüber Blockworks. In anderen Regionen, darunter auch in Deutschland, können berechtigte, verifizierte Nutzer dagegen einen kostenlosen WLD-Token pro Woche beanspruchen. Der Betrag ist für alle Regionen gleich. Dazu kommen Sonderausschüttungen wie der “Genesis Grant” in Höhe von 25 Worldcoin Token, der zur Begrüßung an neue User verteilt wird. Das Gesamtsystem soll 10 Milliarden Worldcoin-Token umfassen.

Die Nicht-Verfügbarkeit des Worldcoin-Token in den USA hat mit der für Krypto-Startup schwierigen Regulierung in den Vereinigten Staaten zu tun. Die US-Aufsichtsbehörden gehen derzeit gegen digitale Vermögenswerte vor, weil sie befürchten, dass Kryptowährungen als Mittel für Spekulationen und Betrug genutzt werden könnten. “Als wir anfingen, darüber nachzudenken, dachten wir nicht, dass es als ‘Welt minus die US-Münze’ enden würde, und hier sind wir nun”, sagte Altman der “Financial Times”. “Ich würde sagen, 95 Prozent der Weltbevölkerung leben nicht in den USA. Die USA entscheiden nicht über Erfolg oder Misserfolg eines Projekts wie diesem.”

Altman kann aber auch nicht abstreiten, dass die Branche 2022 von einer Vertrauenskrise erfasst, die zum Zusammenbruch von Vorreitern wie FTX und Celsius führte. Vor diesem Hintergrund ist nur zu gut verständlich, dass sich die Regulierungsbehörden dazu veranlasst sahen, eine Reihe von Durchsetzungsmaßnahmen zu ergreifen, um gegen spekulative Krypto-Projekte vorzugehen.

Trotz der regulatorischen Hürden investierten Investoren rund 250 Millionen US-Dollar in Worldcoin, darunter die Risikokapitalgruppen Andreessen Horowitz und Khosla Ventures, der Internetunternehmer Reid Hoffman und – vor dem Zusammenbruch seines FTX-Imperiums – Sam Bankman-Fried.

Alex Blania, der Mitbegründer von Worldcoin, sagte, dass das Unternehmen aufgrund der behördlichen Kontrolle in den USA nur begrenzt über seine kommerziellen Ambitionen sprechen könne. Aber das Projekt wird Geld verdienen”, erklärte Tiago Sada, Leiter der Produktabteilung des Unternehmens. “Alle unsere Produkte sind gewinnorientiert. Es wird schließlich eine Reihe von verschiedenen Geldbörsen und Erfahrungen geben, mit denen wir Geld verdienen werden.”

Vor diesem Grund muss man auch den Namen der World-Coin-Firma “Tools for Humanity” in Frage stellen. Vermutlich geht des bei dem 2019 gegründete US-Unternehmen nicht vorrangig um “Werkzeuge für die Menschlichkeit”, so wie Altmans größere Firma “OpenAI” auch nicht für eine offene und transparente Version der Künstlichen Intelligenz steht. Die Investoren von “Tools for Humanity” erwarten hohe Renditen von dem Projekt. Dabei machen sie sich vermutlich weniger Sorgen, dass arme Menschen in einer Welt mit einem massiven globalen Wohlfahrtsprogramm doppelt abkassieren könnten. Sie haben in dieses Unternehmen investiert, weil sie Milliarden von Menschen dazu bringen wollen, Kryptowährungen zu nutzen, damit sie all die anderen Krypto-Projekte aus ihrem Investor-Portfolio einen Aufwind erhalten.

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